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  • Die Torturen der Zucht- und Arbeitshäuser
  • Der Gefangene ist in einen Kellerraum eingeschlossen, in den fortwährend Wasser einfließt und das ihm schon bis zum Halse steht. An der Wand ist eine Pumpe angebracht und wenn der Gefangene nicht fleißig und fortwährend das Wasser aus dem Keller hinauspumpt, droht er zu ertrinken. Er pumpt um sein Leben und so soll es auch sein: er soll lernen, dass man nicht faul sein darf, sondern arbeiten muss, wenn man leben will. (Krausold 1698, S. 136) Dies ist zweifellos eine extrem bizarre und sadistische Methode, um faule oder kleindiebische Existenzen im Zuchthaus zu arbeitsamen Menschen umzupolen. Und doch kamen solche brachialen Strafmittel in den frühen Zuchthäusern des 16. und 17. Jahrhunderts durchaus vor. In der Ordnung des Hamburger Zuchthauses vom 8. März 1622 heißt es ähnlich: „Item auch etliche, die ihre Kost wohl verdienen können, aber wegen ihres faulen Fleisches und der guten Tage willen solches nicht tun, sondern lieber betteln gehen…“ (Streng, S.179) Und weiter heißt es dort: „Auch befinden sich noch viele starke, faule, freche, geile, gottlose, mutwillige und ungehorsame, versoffene Trunkenbolde und Bierbalge, die in Untugend, Hurerei, Büberei und in allerlei Sünd und Schand erwachsen, und sich täglich des Bettelns vor den Türen und auf den Straßen befleißigen, dieselben gehören in dieses Haus.“ (zit. nach Streng 1890, S.179f.) Mit all diesen Strafmaßnahmen sollten Menschen, die „durch Arbeitsscheu und Müßiggang“ in Not geraten waren, durch Zwangsarbeit „wieder zu brauchbaren Mitgliedern des Gemeinwesens gemacht werden“.
  • Dies waren hehre Ziele. Der Alltag in den Zuchthäusern sah jedoch ganz anders aus. Erzieherische Aspekte spielten keine Rolle.   Bei der Einlieferung ins Zuchthaus wurde dem Delinquenten zur Begrüßung das gesamte Ensemble an Prügelvorrichtungen verabreicht. Der sog. „Willkomm“ wurde teils auf der gefütterten, mit Riemen zum Anschnallen versehenen Prügelbank, teils mittels der sog. Fiddel, oder am Türpfosten mit dem Kantschu (aus Leder geflochtene Riemenpeitsche), dem Farrenschwanz (Ochsenziemer), der Karbatsche, einer Lederpeitsche mit eingeflochtenen Knoten oder der Rute ausgeteilt und zur Abwechslung und Steigerung des Schmerzgefühls fanden sich in den einzelnen Anstalten noch Vorrichtungen wie der Bärenkasten, spanischer Mantel, Strafstuhl und Strafblock. Was all diese Züchtigungs- und Foltertechniken im Einzelnen bedeuteten, möchte man lieber gar nicht so genau wissen.
     
  • All diese Peinigungsmechanismen begleiteten den „Züchtling“ durch sein gesamtes Zuchthausdasein. Er wurde mit ihnen traktiert, wenn er gegen die Anstaltsregeln verstoßen hatte. Die Prügel konnten aber auch unmittelbar und sofort bei nachlassender Arbeitsleistung von den Zuchtknechten „zur Anfeuerung des Fleißes“ (Streng, S. 80) ausgeteilt werden. Man nannte dies „die Arbeit aus der Haut herausholen“. (Streng, S. 80) Das Strafsystem in den Zuchthäusern kannte aber auch noch andere Torturen. Sie reichten vom Essensentzug über Arrest bis hin zum sog. „Hölzernen Pferd“. Neben dem anfangs beschriebenen Wasserkeller war dies wohl die teuflischste Apparatur, um die Gefangenen zu quälen. Es handelte sich um ein lebensgroßes Holzpferd, das mit scharfen Ecken und Kanten versehen war und dessen Sitzfläche in einem Winkel von 45 Grad spitz zulief. Wenn der Delinquent auf diese Vorrichtung gesetzt wurde, schnitten diese Kanten sehr schmerzhaft in seine Oberschenkel und seine Hoden. Um den Schmerz noch zu erhöhen, hängte man dem Delinquenten schwere Gewichte an die Beine und zu allem peinigenden Überfluss wurde dann das hölzerne Pferd über den Hof gezogen und dabei dem Delinquenten Prügel verabreicht.
  • Von einem Autor des 17. Jahrhunderts wird die tägliche Tortur der Insassen mit geradezu sadistischer Wonne gefeiert: „Fein viel Arbeit, Wasser und Brot und nicht einmal satt, alle Stunden Schläge, und doch über Hand und Fuß geschlossen; mit den Händen aufgeschnüret, bis aufs Blut gegeißelt: Das sind der Gezüchtigten Tractamente.“ (Krausold, zit. bei Streng, S. 74) Krausold zieht eine Analogie zwischen dem Zuchthaus und dem Leben insgesamt. Die ganze Welt sei nichts anderes als Gottes Zuchthaus, „darinnen er unbändige Starrköpfe tapfer weiß zu rechte zu bringen mit allerlei scharfer Disziplin; Hunger, Schimpf und Schlägen, dass mancher noch zum Menschen dadurch werden muss, der sonst einer unvernünftigen Bestie gleich gewesen ist“. (Krausold, A., S. 127)
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