„Das Gute - dieser Satz steht fest - ist stets das Böse, was man lässt.“ (Wilhelm Busch, Die fromme Helene) Die Sünden und Laster aufs Korn zu nehmen, ist allemal wirkungsvoller, als das moralisch Gute und die Tugenden zu beschreiben oder auszupinseln.
Dem entsprechend haben die Pfarrer denn auch weniger den Fleiß und die Arbeitsamkeit gepredigt, als vielmehr den Teufel an die Wand gemalt und vor den schrecklichen Folgen der Faulheit und des Müßiggangs gewarnt. Dass der Teufel alle Faulpelze und Müßiggänger ergreifen und sie in sein Höllenreich schleppen werde! Im 16. Jahrhundert entwickelte sich eine Koexistenz von zwei mit- einander verwobenen Teufelsvorstellungen.
1. Der traditionelle Teufel. Der allmächtige Höllenfürst und universelle Herrscher des Bösen, der für alles Übel in der Welt verantwortlich war; für Hungersnöte, Pestilenzen und Kriege. Nachdem der Teufel von Gott abgefallen und aus dem Himmel verstoßen worden war, hatte er sich sein eigenes Reich geschaffen. Er ist nun der Herrscher der Hölle, in die, so die Drohung, wir alle unweigerlich geraten, wenn wir uns nicht an die christlichen Gebote halten und schwere Sünden begehen.
2. Neben diesen Furcht erregenden Vorstellungen vom Teufel etablierte sich seit dem 16. Jahrhundert ein weiteres Teufelsbild. Der Teufel wird nun in den Dienst moralisch-didaktischer Bestrebungen gestellt. Er wird zum Generalnenner für alle menschlichen Sünden und Abweichungen. Ähnlich wie im Kampf der ägyptischen Mönche gegen die Dämonen, wird hier dem Teufel eine ganze Schar von Gehilfen, gleichsam Unterteufeln, an die Seite gestellt. Jeder dieser Gehilfen ist für eine bestimmte schlechte menschliche Eigenschaft oder Sünde zuständig. Er ist derjenige, der die Menschen zu schlechten Taten anstiftet.
„Das Bemühen um die moralische Besserung des Menschen führt dazu, immer neue Defekte aufzuspüren und in den Mittelpunkt der Betrachtung zu stellen. Dementsprechend vermehrt sich auch die Zahl von Unterteufeln und sonstigen Gehilfen. Sie kriechen nun in sämtliche Poren des menschlichen Alltagslebens. Der Teufel mit seinem Hofstaat hat in dieser Vorstellung zwar seine allmächtige Wucht eingebüßt, dafür ist er aber allgegenwärtig. Das Wirken des Teufels wird nun an den geringsten Übeln und Plagen festgemacht. Schließlich versteigt man sich zu der Vorstellung, dass man selbst Dinge wie das Jucken der Haut oder den Niesreiz dem Teufel anlastet“ (Ohse, S.39) Der protestantische Theologe Martin Borrhaus (1499-1564) hat ausgerechnet, dass es 2.665.866.746.664 Teufel gibt. (in Worten: 2 Billionen 665 Milliarden usw.) (vgl. Roskoff, S.374)
Der literarische Ausdruck dieser neuen Teufelsvorstellungen waren die sog. Teufelsbücher, die sich seit der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts als neues Genre ausbreiteten. Hierbei handelte es sich nicht um Bücher über Magie, satanistische Rituale oder Teufelsbeschwörungen, sondern um moralisch-erbauliche Traktate gegen alle nur denkbaren Alltagssünden. Es gab den Saufteufel, den Hurenteufel, den Lügen- und Lästerteufel, Bettelteufel, Gesindeteufel, Neidteufel, den Hoffartsteufel, Zauberteufel, Eheteufel, Jagdteufel und schließlich den Faulteufel.
„Die Tendenz zur Aufspaltung ist ein typisches Gestaltungsmerkmal des ausgehenden Mittelalters, das innig mit dem Geist dieser Epoche verbunden ist. Das Bemühen um die moralische Besserung des Menschen führt dazu, immer neue Defekte aufzuspüren und in den Mittelpunkt der Betrachtung zu stellen. Die immer mehr zunehmende Zahl der Sündenregister im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert, der Beichtspiegel, die Aufzählungen der Sieben Todsünden und ihrer ‚Töchter.‘ Sie alle sind Beispiele dieser 'Zergliederungswut'.“ (Ohse S.64)